Spielbericht
Sachsenpokal Finale, 16.05.2001
FSV Zwickau vs. FC Erzgebirge Aue 1-3

1

:

3

Westsachsenstadion Zwickau, Mittwoch 16. Mai 2001
(Kick off 18:30 Uhr)


Titel verteidigt


Finale um den Pokal des Verbandes Sachsen, zum vierten Male in folge mit Beteiligung des FC Erzgebirge.. Leider an einem Mittwoch Abend, noch dazu auswärts.. Wer schon ca. eine Stunde vor Abfahrt des Sonderzuges auf dem Auer Bahnhof zugegen war (vielleicht weil man schon bis Aue mit der Bahn reiste..) konnte nicht ahnen, das sich weit über 2.000 lila-weiße Anhänger auf den Weg zum benachbarten Erzfeind machen würden. Wie gewohnt erlebte man ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften, Hubschraubereinsatz und kaotische Zustände am Einlass zum Gästeblock - nahezu unvorstellbar, das dieses Stadion schon die zweite Liga erlebt hat.

Das etwas verspätet angepfiffene Spiel begannen beide Mannschaften sehr druckvoll, was sich zunächst negativ - für die Gäste - auswirken sollte. Torhüter Maik Kischko brachte das Leder nach einer Shubitidze-Ecke nicht unter Kontrolle und wurde dafür vom bereitstehenden Radojici bestraft (10.). Einer kurzen Schrecksekunde schallte es "Wer führt verliert" aus den Gästeblöcken. Ebenfalls kaum beeindruckt vom Tor, zeigte sich die Schädlich-Elf. Maik Kunze konnte sich durchsetzen und flankte auf Jockel Kirsten, der sich nicht zweimal bitten ließ und zum vielumjubelten Ausgleich köpfte (12.). Vor allem über Tonci Boban lief beim FCE weiterhin alles Richtung FSV-Tor. So schien es nur eine Frage der Zeit, wann der Führungstreffer fallen sollte.. In Minute 26 war es dann soweit. Nach Vorlage von Tomoski köpfte Murat Jasarevic schön ins Dreiangel. Nur selten bekamen die Gastgeber danach noch Gelegenheit zum Ausgleich, die wohl größte Chance hatte René Troche in der 38. mit einem Pfostenschuss..

Kurze Zeit später hämmerte Petr Grund einen Freistoss (nach Foul an Kisten) direkt in Mewes-Tor, der dabei zwar nicht besonders gut aussah - aber was für ein Tor (42.)! Noch vor der Pause hätte Tonci Boban seine Leistung an diesem Tage krönen können, scheiterte aber am Pfosten. Dann war Halbzeit...

Genau genommen war das Spiel eigentlich schon gelaufen, in der Folgezeit unternahmen die Auer kaum noch Anstrengungen, das Ergebnis noch zu erhöhen. Die Heimmannschaft hätte sicher gern das eine oder andere Tor geschossen, es kam jedoch nicht dazu.. Aue gab die Führung nicht mehr her.. Kurz vor Schluss konnte Kischko noch einmal Größe zeigen und vereitelte eine Möglichkeit von Shubitidze (82.). An einen Ausgleich glaubte jedoch keiner mehr, viele Anhänger des Oberligisten hatten das Stadion schon verlassen (darunter auch einige enttäuschte Karl-Marx-Städter), das Flutlicht wurde trotz allmählich einsetzender Dunkelheit gar nicht erst angeknipst...

Kurz vor Schluss tauchte urplötzlich ein Fahnendieb vor der Gästekurve auf und schritt zur Tat... Dann war es soweit - der Pokalsieger 2000 hat den Pokal verteidigt! Sieger des Sachsenpokales 2001 und damit (erneuter) Teilnehmer im DFB-Pokal: FC Erzgebirge Aue! Nach dem Schlusspfiff stürzten einige Anhänger der Veilchen Richtung Innenraum. Nachdem die Mannschaft gratuliert wurde, fanden einige davon den Weg zu den rot-weissen. Diese begannen als bald mit Feuerwerkskörpern zu werfen (die Polizei hatte vor dem Spiel angekündigt, bei Einsatz von Feuerwerkskörpern konsequent einzuschreiten - die galt wohl nur den Gästefans...).

Alles in allem möchte ich aber betonen, das es rund um das Spiel sehr fair und friedlich zuging, ganz im Gegensatz zu diversen Pressemeldungen, diesmal vor allem von Seiten der "Freien Presse", in der die Auer als "Chaoten" und "Idioten" hingestellt wurden... (Kay)

Aue hofft auf HSV - oder mehr


Ein Pokalfinish hat immer einen Helden, wenn es auch wie das auf der Halde ohne Elferschießen oder „Golden Goal" über den Rasen geht!
Die Krone des Matchwinners darf sich aber auf jeden Fall Jörg Kirsten aufsetzen. Der 33-Jährige nutzte seine Chance für weitere gute Vertragsgespräche hundertprozentig. „Jockel" verschmitzt und berechtigt stolz: „Mein Tor machte ich zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt." Und ob - nur 99 Sekunden nach der überraschenden FSV-Führung. Nun hofft der kleine Sachse nur, dass er auch in den restlichen Meisterschaftskämpfen jeweils von Anfang an zum Zuge kommt. Aber da entscheidet beim sächsischen „Coach des Jahres" Gerd Schädlich nur die Trainingsleistung. Der 48-jährige Malocher in „Veilchen"-Diensten war auch nach dem Pokaltriumph alles andere als rundum zufrieden: „Ich gratuliere meiner Mannschaft zur 1. Halbzeit, aber nach der Pause war die Truppe zu faul, wollte im Schongang zum Sieg kommen. Meine Männer spielten teilweise schlampig, aber zum Glück haben die Zwickauer aus unseren Schwächen nichts gemacht." Die Erzgebirger hoffen nun nach dem Hamburger SV im Vorjahr erneut auf große Konkurrenz im DFB-Pokal. FCE-Boss Uwe Leonhardt würde auch gern mal ein oder zwei Runden weiterkommen: „Geld kann schließlich niemand genug haben. Wir wollen jedenfalls mitmischen, wenn auch in der neuen Saison ein noch rauherer Wind wehen wird. Wir haben in der Chefetage mit neuen Sponsoren die wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein gutes Abschneiden geschaffen, nun verlange ich Höchtleistungen von jedem meiner Arbeitnehmer." Für den neuerlichen Erfolg wurden die Auer Kicker auch ausgezeichnet - durften sich neben Pokal und Sieger-T-Shirts sogar über einen persönlichen Prämien- scheckfreuen...
Wolfgang Konetzke, Chemnitzer Morgenpost, Freitag, 18. Mai 2001

Petr Grund trifft zum 1-3 (42.) per Freistoß. Foto: Kruczynski


„Aue war Favorit und hat uns das gezeigt"


FCE im Finale ein Nummer zu groß für Zwickau - Murat Jasarevic stellt mit seinem ersten Tor für Aue die Weichen auf Sieg
„Mensch, mach' Schluss! Ich will endlich jubeln", schreit Jörg Kirsten über den Platz. Aber noch muss sich der Schütze des so wichtigen ein wenig gedulden, ehe er mit seinen Mannschaftskameraden die Verteidigung des Sachsenpokals feiern kann. „Man ist total nervös, wenn man hier draußen steht. Aber es ist schon geil", meint Torwart-Talent Jörg Hahnel mit Blick auf den Spielstand von 3:1. Irgendwie sind eben alle am Rand stehenden Auer völlig aufgelöst. Dabei hatten doch zu diesem Zeitpunkt sogar viele Zwickau-Fans ihre Elf längst aufgegeben, waren abmarschiert. Zu klar die Überlegenheit des FCE, auch wenn die Veilchen sich mit der Zwei-Tore-Führung im Rücken in der zweiten Hälfte wahrlich kein Bein mehr ausrissen. Eine Tatsache, mit der Trainer Gerd Schädlich wenig später bei der Pressekonferenz hart ins Gericht gehen sollte. Aber jetzt lauert auch der Erfolgscoach nur noch auf den Abpfiff. Als der endlich ertönt, gibt's kein Halten mehr, und kurz darauf reckt Kapitän Udo Tautenhahn die Hände mit dem Pokal in die Höhe. Mittendrin in der Spielertraube Jörg Kirsten, der kurz vor Schluss unter dem Beifall von 2.000 Aue-Fans das Feld verlassen hatte. „Das 1:1 war echt wichtig", sagt der Angreifer ein wenig ausgepumpt. Und Recht hat er, denn wer weiß, wie die Partie ohne den schnellen Ausgleich gelaufen wäre. „Das letzte halbe Jahr war hart. Aber ich passe hier rein. Das habe ich heute wieder bewiesen", so der Routinier, der schon gern in Aue weitermachen würde. Während Jörg Kirsten nach einer auffällig lauf- und kampfstarken Leistung einen zufriedenen Eindruck macht, steht ein paar Meter weiter ein etwas betrübter Tonci Boban. Nach knapp 70 Minuten war er ausgewechselt worden, und er ahnte wohl, warum. Ja, er sei schon glücklich. „Aber ich bin mit meinem Spiel nicht zufrieden", übt Boban in der Stunde des Erfolgs Selbstkritik. Wenig später jedoch, nach der Pokalübergabe, zeigt auch er ein strahlendes Lachen unter vielen. Diese Glücksmomente haben sich die Auer besonders durch ihren guten Auftritt in der ersten Hälfte redlich verdient. Das meinen auch die Fans und feiern ihre Jungs mit „Hoch soll'n sie leben"-Gesängen. Ein besonderes Erlebnis ist dieser Finalabend in Zwickau für Murat Jasarevic. Er ebnete mit seinem ersten Tor für Aue zur 2:1-Führung den Weg zum Pokal. „Natürlich freue ich mich, bin aber zugleich ein wenig traurig, weil ich in Zwickau ein gute Zeit hatte", so Jasarevic. Und auch der andere Manndecker hat getroffen: Mit seinem Freistoßhammer erschoss Petr Grund den FSV noch vor der Pause. Für Manager Lutz Lindemann und Präsident Uwe Leonhardt stellt die gelungene Pokalverteidigung einen weiteren Meilenstein auf dem erfolgreichen Weg des Vereins dar. „Der Klassenerhalt ist gesichert, wir haben einen neuen Hauptsponsor, den Sachsenpokal, bekommen bald einen Vermarktungspartner, und Schalke kommt nach Aue. Es ist schon sensationell, was beim FCE in den zurückliegenden beiden Jahren geleistet wurde", so Lindemann. Den Zwickauern bleibt nur die Enttäuschung. Heiko Riedel: „Wir wollten für eine Sensation sorgen, das hat leider nicht geklappt. Aue war Favorit und hat uns das gezeigt. Ein verdienter Sieg des FCE." Und Aues Trainer Gerd Schädlich und sein Ärger über die schlampige Spielweise in der zweiten Hälfte? „Natürlich überwiegt auch bei mir die Freude. Aber ich muss Maßstäbe setzen. Die Spieler sollen sich weiterentwickeln. Außerdem fällt Kritik im Erfolg doch leichter, oder?"
Kjell Riedel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Freitag, 18. Mai 2001

Neue Freude, alte Dummheit

Das Trainerduo Gerd Schädlich (li.) und Holger Erler. Foto: St. Unger


Beobachtungen am Rande eines Fußballspiels
Es ist vollbracht. Die Veilchen haben im Prestigeduell beim Erzrivalen FSV Zwickau gezeigt, wo derzeit besser Fußball gespielt wird. Dass es trotz der Brisanz auf dem Rasen angenehm fair zuging, nötigt Respekt ab. Schade nur, dass sich das einmal mehr nicht auf alle Zuschauer übertragen hat. Da waren die Idioten auf Auer Seite, die — anstatt mit ihren Pokalhelden auf dem Platz ein Freudenfest zu feiem —vor der Zwickauer Fankurve Randale provozierten. Oder die Mutter neben mir auf der Tribüne, die ihren Kindern genüsslich von der Vererbung des alten Hasses zwischen Zwickau und Aue berichtete und gleich selbst mit schlechtem Beispiel voranging. So bedauerte sie ihren Jungen, der im FSV-Nachwuchs spielt, weil der Arme beim Auflaufen der Pokalfinalisten an der Hand eines Auers gehen musste. Und lila sei sowieso eine hässliche Farbe ...Oder was erzählt jener jugendlich-schlacksige FSV-Fan heute seinen Kumpels, der nach dem Spiel am Straßenrand die Heldentat vollbrachte, einem schmächtigen Mädchen nach hartem Kampf den lila-weißen Schal zu entreißen? All diese Leute sollten sich an den Spielern von Aue und Zwickau ein Beispiel nehmen: Da wechselten nach dem Spiel statt Hass-Tiraden Worte der Anerkennung für die Leistung der Sieger und Trost für die Unterlegenen die Seiten. Dies muss auch außerhalb des Platzes endlich kapiert werden. Wenngleich alte Wunden noch schmerzen: Eine Revanche darf nur sport- lich auf dem Rasen erfolgen. Die Veilchen haben es am Mittwoch eindrucksvoll vorgemacht.
Kjell Riedel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Freitag, 18. Mai 2001

Kurz nach Spielende gab es im Gästeblock kein halten mehr. Foto: Burg Archiv


Final-Splitter


Verletzte und Gesperrte fiebern mit
Fast schien es am Mittwoch, als säße die halbe Mannschaft des FCE in zivil im Westsachsenstadion. Die verletzten Ronny Jank, Marco Kurth und Enrico Barth sowie die gesperrten Roman Müller und Dirk Böhme drückten ihren Team- kameraden kräftig die Daumen, waren aber mindestens genauso aufgeregt wie die Aktiven. „Mann, ich wäre so gern dabei gewesen", sagte der Ex-Zwickauer Jank.
Auto bekommt Hass zu spüren
Angetrunkene Zwickau-Anhänger haben an einer roten Ampel in der Nähe des Stadions einen Kleinbus des Auer Vereins attackiert. Wie FCE-Geschäftsführer Lothar Schmiedel auf Nachfrage berichtete, wurden die Türen des Transporters—durch Fußtritte arg in Mitleidenschaft gezogen. Es wurde Anzeige gegen unbekannt erstattet.
Angriff auf den Mannschaftsbus?
Eine böse Überraschung erlebten die Auer Trainer und Spieler auf der Heimfahrt. Rund fünf Kilometer vom Stadion entfernt bemerkte Busfahrer Michael Schreier einen Plattfuß am vorderen rechten Reifen. Die Panne konnte mit Hilfe von Spielern sowie Polizeibeamten aus Zwickau und Aue behoben werden. Allerdings erhärtete sich gestern der Verdacht von Michael Schreier, dass es kein gewöhnlicher Platten war. „Werkstattmitarbeiter gehen davon aus, dass der Reifen zuvor mit einem Messer oder etwas Ähnlichem beschädigt worden ist."
Kommunikation per Fan-Fahnen
Dass es unter den Fans viele kreative Köpfe gibt, zeigen nicht nur immer wieder neue Gesänge und Sprechchöre, sondern auch die Fahnen und Banner, mit denen die Anhänger ihre Botschaften austauschen. Während die Auer mit „Kniet nieder! Wismut ist zu Gast" grüßten, stand auf einer Fahne der FSV-Fans: „Nur wer Schmerzen hat, schreit Aue."
Kjell Riedel, Freie Presse-Lokalsport Aue, Freitag, 18. Mai 2001

Z***: Mewes - Krauß - Radojici, Köcher - Düring (69. Arzt), Kramer, Riedel, Shubitidze, Thaly - Marcetic, Troche (62. Richter)

Aue: Kischko - Tautenhahn - Jasarevic, Grund - Heidrich, Sionko, Tomoski, Boban (69. Pagels), Hasse - Kunze, Kirsten (87. Popovic)

Schiedrichter: Helmut Bley (Sehmatal)

Zuschauer: 6.691 (davon ca. 2.000 Aue Fans)

Tore: 1:0 Radojici (10.), 1:1 Kirsten (12.), 1:2 Jasarevic (26.), 1:3 Grund (42.)

Die Auer Mannschaft mit dem Sachsenpokal. Foto: Burg