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Ulli Thomale – Ich bin Trainer, kein Diplomat!

Das neue Buch über Wismut Aue Ex-Coach Thomale


Im April 2021 feierte der Mitteldeutsche Verlag in Halle/Sa. sein 75-jähriges Bestehen. Zusammen mit den bekannten Buchautor Frank Willmann (geboren 1963 in Weimar) kam im September 2021 ein Buch über Hans-Ulrich Thomale (76) in den Handel. Bei älteren Fans von Aue werden sofort die Sinne geschärft. Eins vorneweg, das Buch lohnt sich auf alle Fälle, auch weil es noch einmal die tolle Zeit von 1981 bis 1984 im Lößnitztal zurückdreht. Ein sehr kurzweiliger Lesestoff, der einem das Leben des 1944 in Meißen geborenen Ex-Trainers von Wismut Aue näherbringt. Wie er seine Kindheit und Jugendzeit verbringt, zum Fußball kommt, seine Frau kennenlernt, die Armeezeit und es auch als Spieler bis in die Oberliga schafft – bei Stahl Riesa. Doch nach nur 14 Spielen in der Saison 1970/71 teilte ihm ein Arzt mit, seine Spielerkarriere ist beendet. Mit 26 Jahren, im besten Fußballalter. Er sattelte um, wurde Trainer im Nachwuchsbereich beim HFC Chemie und in Jena beim FC Carl-Zeiss.

Und 1980 bekam er Besuch von zwei Männern aus Aue. Ob er auch nach Aue gekommen wäre, wenn das am letzten Spieltag in der Saison 1980/81 mit dem Klassenerhalt von Wismut nicht geklappt hätte, geht zwar dann ab der Seite 69 im Kapitel 7 - DER LETZTE SCHLIFF IN AUE - nicht direkt draus hervor, aber egal, er formte aus der damals grauen Maus Wismut Aue in vier Jahren einen UEFA-Cup-Teilnehmer.

Noch heute erzählen sich die Fans mit stolzgeschwellter Brust und glänzenden Augen von dieser Zeit. Man erfährt einige Dinge die so damals nicht publik geworden sind. Von einen rauchenden Torwart Uli Ebert oder vom blinden Arno der Muskelverspannungen erkannte und auf den auch Spieler anderer Vereine schwörten. Uli erzählt auch von den Wert bestimmter kleiner Dinge wie das warmmachen vor dem Spiel auf dieser kleinen Weise zwischen Schwimmbad und Stadion. „Ich hab am Anfang gedacht, das geht nicht, diese Bedingungen, die geringe Fläche, was da alles passieren kann. Dann hab ich gemerkt, das muss so sein. Das brauchen die Spieler und die Zuschauer. Die Erzgebirger lebten vom Zusammenhalt. Sie wußten, sie sind das kleine Aue, eine kleine BSG, die immer ums Überleben kämpfte.“ Auch die heute noch existierende grosse Stadion-Treppe ist ein Thema. „Ich veranlasste, dass wir immer von oben kamen. Und der Gegner kam selbstverständlich immer von unten und durfte sich ein wenig die Beine in den Bauch stehen und das Geschrei der Auer Zuschauer genießen.“

Ulrich Thomale und Ulrich Ebert bei einem Treffen in den 1990er-Jahren in Aue. Im Buch schreibt der damalige Trainer über den Keeper auf Seite 71: „Ebert war ein richtiger Kerl, ein Baum. Ein sehr guter Torhüter. In Aue waren alle richtige Kerls.” Foto: Archiv Thomale


Frank Willmann schreibt in seinen knackigen eigenen Stil, der zwar nur das wesentliche hergibt, aber im eigentlichen Sinne bringen seine Erzählungen die Sachen immer auf dem Punkt. So findet man so gut wie keine langweiligen Stellen im Buch. Die Seiten lesen sich durchweg hochinteressant und kurzweilig. Man erfährt vom Zeitzeugen Thomale viel Hintergrund zu den damaligen Lebensumstände und wie es auch bei seinen anderen Trainerstationen so zuging. Ein großer Trumph des Buches ist die wechselweise Erzählform mit seiner Frau Regine, die in Ost und West als Lehrerin tätig war, und seines älteren Sohnes Michael. „Das war für mich als Kind was ganz Großes, wenn die Auer Mannschaft die Treppe runtergekommen ist. Ich versuchte meinen Vater mit einem Blick zu erhaschen. Ich war aufgeregt, mein Herz schlug bis hoch in den Hals, Gänsehaut pur. Eine derartige Stimmung hab ich in Leipzig nicht so oft erlebt.“
Dann bekommt Thomale im Herbst 1984 Besuch von Funktionären des DDR-Verbandes. Die Aussage klingt wie ein Befehl: „Sie werden ab Sommer Trainer des 1. FC Lokomo­tive Leipzig.“ Widerspruch ausgeschlossen. Was dann sich dort in der Messestadt abspielte und den folgenden Stationen bei Hessen Kassel, FC Homburg, Grazer AK, KFC Uerdingen, Chengdu in China, VfB Leipzig, VFC Plauen und Rot-Weiß Erfurt, wieder in Kassel liest sich durchaus interessant und spannend.

Leider musste die geplante Buchlesung Ende November 2021, mit Hans-Ulrich Thomale im Auer Fanprojekt, wegen den zunehmenden Pandemie-Problemen abgesagt werden. Das Fanprojekt hofft auf Verständnis und versichert, sobald es möglich ist die Buchlesung nachzuholen. Wer noch kein Buch besitzt oder ein passendes Weihnachtsgeschenk sucht, das Buch ist in jeden Buchladen bestellbar.

Frank Willmann veröffentlichte mehrere Bücher zur Fußballkultur wie Stadionpartisanen, Fußballland DDR, Lutz Lindemann-Optimist aus Leidenschaft. Desweiteren publiziert er Anthologien und schreibt für Zeitungen, wie die Berliner Zeitung, taz, Junge Welt und Zeit. Seit 2015 gibt er die Reihe Fußballfiebel in der Bibliothek des deutschen Fußballs heraus. (Burg)

Ulli Thomale - „Ich bin Trainer, kein Diplomat!“ Mein bewegtes Leben
Mitteldeutscher Verlag Halle/Saale
ISBN 978-3-96311-559-2
256 Seiten, gebundene Ausgabe, Format 145mm x 215mm, Gewicht 501 g, mit s/w und Farbbildern

April 1982, Wismut Aue-BFC Dynamo (0-1): Mit Schiedsrichter Bernd Stumpf bin ich das eine oder andere Mal aneinandergeraten. Foto: Bernd Franke/Lugau

Geschrieben von Burg am 20.12.2021, 19:08   (1015x gelesen)