Spielbericht
26. Spieltag, 20.03.2006
FC Erzgebirge Aue vs. Hansa Rostock 2-1

2

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Erzgebirgsstadion Aue, Montag 20. März 2006
(Kick off 20.15 Uhr)


„Veilchen" gelingt Befreiungsschlag


FC Erzgebirge Aue gewinnt nach Steigerung 2:1 (0:1) gegen Hansa Rostock — David Siradze zweifacher Torschütze


Der FC Erzgebirge Aue kann erst einmal wieder tief durchatmen. Die Erzgebirger gewannen gestern Abend das Ostderby in der 2. Fußball-Bundesliga gegen Hansa Rostock nach schwacher erster Halbzeit noch mit 2:1 (0:1). Damit gelang den „Veilchen" der von Präsident Leonhardt geforderte Befreiungsschlag. Trainer Gerd Schädlich kann mit seiner Elf wieder etwas ruhiger in die Zukunft blicken. Nach dem Auswärtsspiel bei Greuther Fürth kommt dann Dynamo Dresden ins Erzgebirgsstadion. In Halbzeit eins stürmte Aue allerdings nur in den ersten fünf Minuten. Danach übernahm Rostock das Kommando. Immer wieder stand Torwart Bobel im Blick- und Brennpunkt. Der Auer Schlussmann warf sich tollkühn vor einen Schied-Schuss aus Nahdistanz (11.), parierte wenig später erneut riesig gegen Hansa-Angreifer Schied (20.). Was Schied nicht schaffte, gelang Ehlers. Er überwand seinen eigenen Torwart. Der Ex-Rostocker fälschte den Schuss von Prica unhaltbar ins Tor ab: 0:1. Aue wirkte nach dem Gegentreffer geschockt und fand gegen die kompakt stehenden Hanseaten spielerisch keine Mittel. Der Kopfball von Kurth, der über die Latte ging, nach einer Lenze-Eingabe war noch die beste Chance in den ersten 45 Minuten. Mit zwei neuen Spielern (Dostalek und Günther) und viel Elan kehrten die Platzherren aus der Kabine zurück. Stürmer David Siradze, der den grippekranken Andrzej Juskowiak vertrat, nutzte die erste Chance zum Ausgleich. Er erfasste die Situation schneller als Hansen und setzte die Kugel aus elf Metern ins Tor (48.). Vier Minuten später legte er nach. Nach einem Freistoß gewann der quirlige Angreifer das Kopfballduell gegen Sebastian und ließ Schober keine Abwehrmöglichkeit. Direkt vor dem 2:1 hatte Bobel wieder stark gegen Schied gerettet. Die Partie wurde hektischer und ruppiger. Bei Pricas zweitem Foul ließ Schiri Stark Gnade vor Recht ergehen. Mit Aues Klinka hatte er weniger Erbarmen. Nach einem rüden Foul schickte er den Erzgebirger vorzeitig duschen (54.). In Unterzahl präsentierte sich Aue sehr diszipliniert. Die Gäste kamen zu keiner nennenswerten Szene. Aues Trainer Gerd Schädlich lobte nach dem Spiel die tolle Moral seiner Mannschaft, die ein schon verloren geglaubtes Spiel noch einmal umdrehte. Besonders würdigte der Coach den Georgier Siradze, der das Vertrauen des Trainer hundertprozentig rechtfertigte. „Der Druck war riesig, doch die Mannschaft hat sich nicht unterkriegen lassen", sagte Schädlich. spo, Freie Presse, Dienstag 21. März 2006

Begeisterung im Block A/B. Foto: Ede


Schädlichs guter Riecher


FCE kämpft sich gegen Hansa nach der Pause zurück ins Spiel


Warum lässt der Trainer einen wie den David Siradze noch auf dem Platz? Diese Frage hat viele FCE-Fans am Montagabend in der Halbzeitpause der Partie gegen Rostock beschäftigt, 45 Minuten lang war dem als Mittelstürmer aufgebotenen Angreifer so gut wie nichts gelungen. Und dann geschah das Unglaubliche: Ausgerechnet Siradze kippte mit zwei tollen Toren (48./52.) das angesichts der desolaten Vorstellung der Auer im ersten Durchgang schon verloren geglaubte Ostderby. Hat Gerd Schädlich etwa hellseherische Kräfte? „David war in der ersten Halbzeit nicht unser einziger Schwachpunkt, und ich weiß, dass er Potenzial hat. Aber sicherlich braucht man in so einer Situation auch etwas Glück", freute sich der Coach nach dem so wichtigen 2:1-Sieg, dass er den richtigen Riecher hatte. „Es tut mir leid für diejenigen, die sich vielleicht etwas anderes gewünscht haben", ergänzte der Fußballlehrer und erlaubte damit einen ungewohnt tiefen Blick in seine Seele. Die Zweifel an seiner Arbeit haben Wunden gerissen, die selbst im Augenblick des Triumphs schmerzten. Umso mehr als Schädlich nur zu genau weiß, dass es mit dem Sieg über Rostock noch lange nicht getan ist. Aber wie das Team sich in der zweiten Halbzeit präsentierte, wird auch dem Trainer neuen Mut für die nächsten schweren Aufgaben eingeflößt haben. „Diese Steigerung war einfach sensationell, dieser Kampfgeist besonders nach der roten Karte gegen Tomas Klinka. Ein großes Lob an die ganze Truppe", jubelte FCE-Geschäftsführer Lothar Schmiedel. Er habe als Wismut-Kicker ja selbst schon einiges erlebt. „Aber ich bin einfach nur begeistert."
So wie Kevin Hampf: „Das war wieder die alte Auer Mannschaft nach der Pause. Wir haben gekämpft und verdient gewonnen. Das sind wir den Leuten hier und der ganzen Region aber auch schuldig gewesen", sagte der Auerbacher, der kurz vor Schluss für den vom Buhmann zum Helden gewordenen Siradze aufs Feld kam. Da glich das Erzgebirgsstadion längst einem Hexenkessel, in dem es kaum noch einen auf dem Sitz hielt. Er habe gut trainiert, und es sei ein schöner Zug vom Trainer, ihn zu bringen. „Einfach toll, auf dem Platz dabei zu sein, auch wenn es nur für zwei Minuten ist." Dabei will es der talentierte Kicker, der übermorgen 22 Jahre alt wird, jedoch auf keinen Fall belassen: „So etwas spornt an, sich weiter voll reinzuhängen Ein Anfang ist jedenfalls gemach — für Kevin Hampf und die ganze Mannschaft. Kjell Riedel, Freie Presse, Lokalsport Aue, Mittwoch 22. März 2006

Interview mit dem DSF nach dem Spiel. Aues Präsident Uwe Leonhardt, Trainer Gerd Schädlich und Frank Buschmann vom DSF (v.l.n.r.). Foto: Ede


KOMMENTAR


Erst die halbe Miete - Aue muss weiter kämpfen


Die Bilder am späten Montagabend im Erzgebirgsstadion sprachen Bände. Mit Abpfiff lagen sich Aues Präsident Uwe Leonhardt und Trainer Gerd Schädlich überglücklich und erleichtert in den Armen und bejubelten das 2:1 über den FC Hansa Rostock. Wieder einmal ist es dem Fußball-Zweitligisten aus dem Erzgebirge gelungen, in einer höchst prekärer Situation den erlösenden Befreiungsschlag zu landen. Der Sieg gegen die Hanseaten wird den knapp 12.000 Zuschauern lange in Erinnerung bleiben. Nur die kühnsten Optimisten hätten zur Pause auf einen Sieg für die Gastgeber gewettet. Doch die launische Diva aus dem Lößnitztal strafte alle Kritiker Lügen, besann sich im richtigen Moment auf alte Tugenden und hatte mit dem treffsicheren David Siradze im richtigen Moment genau den richtigen Mittelstürmer auf dem Platz. Die Euphorie nach dem zwei- ten Sieg im neunten Rückrundenspiel sollte allerdings nicht zu lange andauern. Denn das 2:1 ist erst die halbe Miete. Präsident Leonhardt will im kommenden Heimspiel Anfang April seine Veilchen gegen Dynamo Dresden erneut kämpfen und siegen sehen. Die von ihm angedrohten personellen Konsequenzen stehen weiter im Raum. „Wir sind im Profifußball, da muss man Druck aushalten und Krisen bewältigen", bekräftigte Leonhardt am Montagabend sein Ultimatum. Tatsächlich dürfte der FC Erzgebirge seine Krise erst bewältigt haben, wenn die 40 Zähler und der Klassenerhalt endgültig eingefahren sind. Dem Kraftakt gegen Rostock müssen weitere folgen. Das sollte jedem bewusst sein. Olaf Mersiovsky, Freie Presse, Mittwoch 22. März 2006

Klare Botschaft seitens der Auer Fans. Foto: Ede



Aue: Bobel - Kos, Emmerich, Ehlers, Trehkopf - Kurth (46. Günther), Heller (46. Dostalek), Lenze - Klinka, Curri, Siradze (89. Hampf)

Rostock: Schober - Brecko, Sebastian, Madsen, Hartmann - Rydelwicz, Hansen (63. Arvidsson), Lapaczinski - Schied, Kern, Prica (53. Cetkovic)

Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Landshut)

Zuschauer: 11.800

Tore: 0:1 Ehlers (18./Eigentor), 1:1 Siradze (48.), 2:1 Siradze (52.)

Karten: Ehlers, Siradze – Lapaczinski, Brecko, Hansen, Prica
Klinka (54./gefährliches Foulspiel)