Reparieren half nicht mehr
Von 1986-1992 wurde das Otto-Grotewohl-Stadion Aue mit einem Gesamtaufwand von
rund 25 Millionen Ostmark renoviert. Das war die größte Investition auf dem Gebiet des Sports in
der Wismut. Jahrzehntelange Nutzung sowie Witterungseinflüsse haben besonders an der Bausubstanz
des Stadions und der dazugehörigen sozialen und sanitären Einrichtungen Langzeitschäden entstehen
lassen, die mit Reparaturen nicht mehr beseitigt werden konnten. Teilweise Sperrungen von Traversen
und eine zeitliche Begrenzung der Zuschauernutzung durch die damalige Bauaufsichtsbehörde begründeten
eine umfassende Rekonstruktion. Der damalige Leiter des Otto-Grotewohl-Stadions, Alfred Schaaf (von
1978 bis 1991), berichtete u.a. vom Einbruch des Traversenbereichs der damaligen Auer-Fankurve (heute
etwa Block A/B) nach dem Oberliga-Spiel am 21.Mai 1983 gegen Chemie Böhlen (3-1).
Infolge dieses Einbruches (entstanden durch Hohlräume in den Kaskaden unterhalb
der Steh Traversen) wurde der gesamte Traversenbereich untersucht und notdürftig repariert. Einschätzungen
und Auflagen der Staatlichen Bauaufsicht führten zu Sperrungen von Teilen der Zuschauer Traversen
und zu baulichen Sicherungsmaßnahmen, um überhaupt die Funktion des Stadions Aufrecht erhalten zu
können. Die Staatliche Bauaufsicht empfahl in ihrem Gutachten G 2/84 vom 09.03.1984 und den ergänzenden
Auflagen vom 23.08.1984 das Otto-Grotewohl-Stadion umfassend zu rekonstruieren.
Sportpolitische Erwägungen (eine BSG wie Wismut Aue sollte nicht das modernste
Stadion der DDR erhalten) und ökonomische Gründe (Erhöhung des Sitzplatzanteils) zwangen zu einer
Aufgliederung der aufwendigen Rekonstruktion in drei Bauabschnitten bei laufendem Oberligaspielbetrieb.
Vom WTZ Sportbauten Leipzig wurde im Mai 1985 eine Dokumentation erstellt, die auch eine langfristige
Konzeption darstellte, die berücksichtigte, dass das Stadion auch während de Bauzeit ständig genutzt
werden kann oder bei technologischen komplizierten Bauleistungen (Montage Flutlicht) nur kurzzeitig
nicht nutzbar ist.

Sommer 1986 - Abbruch der alten Gegengeraden (heute Block C/D/E). Auf dem Bild auch der ausgeschlachtete Anzeigeturm (gebaut 1964). Foto: W. Wagner
Neue Traversen, mehr überdachte Sitzplätze, Regiezentrale mit VIP-Raum, moderne
Umkleidekabinen und Sozialräume, Flutlichtanlage Anzeigetafel und Tartanbahn wurden geschaffen. Dem
Aufbaustab gehörten an: W. Dettmer, D. Fleischer, L. Schmiedel, M. Mehlhorn unter der Regie des Leiters
Helmut Schwarz vom Trägerbetrieb der SDAG Wismut sowie den Bauleitern Seifert und Michael Rüdiger
vom BMB 17.
Vom Staatssekretariat für Körperkultur und Sport, dem Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt
und der SDAG Wismut wurden 25 Mio Ostmark bereitgestellt. Der Projektierungsbetrieb der Wismut erstellte
in Konsultation mit dem Wissenschaftlichen Technischen Zentrum (WTZ) Sportstätten Leipzig im Jahre
1985 das Projekt. Die Bauausführung wurde dem Bau- und Montagebetrieb (BMB 17) übertragen. Für die
Flutlichtanlage (Herstellung und Montage) bzw. den Stahlbau (zur Aufhängung des Tribünendaches) war
verantwortlich der Betrieb für Bergbau- und Aufbereitungsanlagen (BAC) aus Cainsdorf bei Zwickau.
Die Fertigstellung dieser Investition übernahm nach der Wende der neue Eigentümer, der Landkreis
Aue.

Herbst 1986 - Die neue Gegengerade nimmt Gestalt an. Montagebeginn der Traversenstufen. Foto: W. Wagner
Am 14. Mai 1986 fand am 25. Spieltag der DDR-Oberliga beim Heimspiel Wismut Aue
- FC Hansa Rostock (2-2) vor 6.000 Zuschauern, das letzte Heimspiel vor der Stadion-Rekonstruktion
statt. Die Hanseaten standen neben Sachsenring Zwickau, schon vor dem Spiel als Absteiger fest. Aue
kam am Ende dieser Saison auf einen 11. Platz ein. Unmittelbar nach diesem Spiel begannen die Abbrucharbeiten
im Bereich der Gegengeraden an der F169 (die heutigen Blöcke C/D/E/F und G). Diese Arbeiten wurden
u.a. durchgeführt vom Personal des Stadions, der Werterhaltungs-Brigade (2. Mannschaft), sowjetische
Soldaten und in Feierabendtätigkeit. Gut erhaltendes Material (Platten von den Traversen) wurde verkauft.
Der Rest wurde weitestgehend zertrümmert. Alle groben Schutteile, wie die Betonbalken, wurden auf
die Kippe der Halde Schacht 371 in ca. 10 Km Entfernung gefahren. Teile des legendären Spielanzeigeturmes
in Höhe der Mittellinie wurden erhalten bzw. ausgebaut und im Laufe des Stadions-Umbaues mittels
provisorischer Umhausung in den Bereich des heutigen Block-P (später dann im Block A) versetzt. Dort
tat er noch seine Dienste, bis die große Anzeigetafel (1989) eröffnet wurde. Nach Fertigstellung
der neuen Traversen im heutigen Bereich C/D/E/F und G (Eröffnung zum IFC-Spiel gegen Halmstadt BK/2-1
am 4.7.1987) war der Stehplatzbereich A/B unterhalb der neuen großen Anzeigetafel dran. Danach folgten
die Kurven im heutigen Bereich H/I/J und N/O/P in der angegebenen Reihenfolge.

Herbst 1986 - Blick vom heutigen Block E auf die noch existente Stehplatzkurve (mit abgesperrten Teil der eingebrochenen Traversen 1983). Am rechten Bildrand die provisorische Anzeigetafel. Foto: W. Wagner
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der gesamte Umbau des Stadions unter Fortsetzung
des Spielbetriebes der BSG Wismut Aue umgesetzt wurde. Nicht ein Spiel musste verlegt werden. Die
Besucherzahl wurde anfangs auf ca. 15.000 festgelegt. Lothar Schmiedel, damaliger Vorsitzender der
BSG Wismut Aue, bat das Auer Publikum am 20.08.1986 auf der Lokalseite der Freien Presse, um Verständnis,
Ordnung und Disziplin während der erforderlichen Baumaßnahmen. In der Saison 1986/87, dem ersten
Jahr des Umbaues, erreichte Wismut Aue den 5. Besten Zuschauer-Durchschnitt seiner DDR-Oberliga Geschichte.
12.000 Zuschauer besuchten im Schnitt die 13 Heimspiele.
1. Bauabschnitt: Demontage und Abbruch der vorhandenen Tribünen an der Lößnitzer
Strasse (der damaligen F169), Rodung der Bäume und Beginn der Neu-Traversierung (Erhöhung der Ränge).
Durch die Erhöhung des Dammes an der Lößnitzer Strasse wurde das Defizit an Zuschauern versucht abzubauen,
die durch die Umwandlung von Steh in Sitzplätze in den Kurvenbereichen der heutigen Blöcke O/P/N
und H/I/J entstanden sind. Eine höhere Reihenzahl wie den heutigen 25 Reihen, unterband die Forderung
der damaligen Bezirksdirektion Karl-Marx-Stadt für Straßenwesen in Hinblick auf Eine spätere Verbreiterung
der F169! Weiterhin neue Anzeigetafel, Kassengebäude am Bahnübergang, sowie Schalträume für Flutlicht.
Interessant ist noch anzumerken, das auch am Lößnitzer Eingang ein massives Kassengebäude für 3 Kassierer
und Aufenthaltsraum, ähnlich dem Haupteingang, geplant war! Dem lieben Geld zu Liebe, gab es leider
nur eine kleine "Sparvariante" am Lößnitzer Eingang, wie sie noch heute zu bewundern ist. Der Bereich
der Gegengeraden (heutige Blöcke C/D/E) und der Gästekurve (F/G) wurden erstmalig zum IFC-Spiel gegen
Halmstadt BK (2-1) am 4. Juli 1987 freigegeben. Am Anfang allerdings noch ohne Sitzbänke. Diese wurden
später nachgerüstet.

Herbst 1988 - Montage von Mast Nummer 3 hinter dem heutigen Block J. Foto: St. Unger
2. Bauabschnitt: Ausbau Funktionsräume, Anbau Tribüne und Teilvorhaben Tribünendach.
Die bisher vorhandene Tribünenüberdachung aus dem Jahre 1956, der Tribünen I bis III wurde durch
Pylone abgefangen, um die Sichtverhältnisse durch die Beseitigung fast aller Vorderstützen zu verbessern.
Erweiterung der Überdachung in den beiden angrenzenden Kurven der Tribüne mit gleicher Bauweise (wie
1956), aber mit Sichtbehinderten Stützen. Die Gesamte Tribüne wurde It. Übergabe Protokoll am 28.09.1989
übergeben. Also gut 2 Wochen vor dem großen Flutlicht-Eröffnungsspiel gegen den 1.FC Magdeburg (0-0).
Das 1000. Oberligapunktspiel in der Geschichte der BSG Wismut Aue hatte Volksfestcharakter. Lange
vor Spielbeginn war auf dem Zeller Berg kein einziger Parkplatz mehr auszumachen. Ein bemerkenswertes
Ereignis hatte sage und schreibe 26.000 Zuschauer angelockt. Die hohe Zuschauer Zahl war nur möglich,
weil in den beiden überdachten neuen Kurven noch keine Sitzplätze eingebaut waren. Auch gab es früher
noch keine Reglementierung für die Stehplatzbereiche wie das heute der Fall ist und nur noch eine
genau festgelegte Anzahl an Stehplatzkarten verkauft werden darf.

Herbst 1988 - Nach erfolgter Montage der Flutlichtmasten. Im Hintergrund die im Bau befindlichen Blöcke H/I/J. Foto: W. Wagner
3. Bauabschnitt: Trafostation mit Imbiß und Bau der Flutlichtanlage. Die Montage
der Vier Masten begann im Spätsommer/Herbst 1988. Montage Richtung war im Uhrzeigersinn, beginnend mit Mast 3 hinter den heutigen Block J am Waldrand. Die 4 Masten wurden unterschiedlich bestückt. Masten
Nr. 3 und 4 auf der Tribünenseite/der damaligen Kameraseite je 60 Stück Flutlichtscheinwerfer pro
Mast und die Masten Nr. 1 und 2 je 35 Stück Scheinwerfer. Dies war der damalige Unterscheidungsgrund,
denn der Kamera-Standort wechselte im Jahre 1998 auf die Gegenüberliegenden Seite. Zum Ligapokalspiel
Bayern München gegen Bayer Leverkusen (03.08.1998) wurden dafür extra ein neues Haupt-Kamera Podest oberhalb von Block D gebaut und zwei zusätzliche kleinere Kamera Podeste oberhalb von Block C und E. Der Jahrzehnte lange alte Kamera Standort, oben auf dem Tribünendach, war wegen
der Statik nicht mehr tragbar. Verwendet wurden Flutlichtscheinwerfer Kenn-Nr. 5231-1993-33 für Bestückung
mit Halogen-Metalldampflampen RVI 2000 (Import CSSR). Die Lampen wurden zum Ligapokalspiel 1998 Bayern
München gegen Bayer Leverkusen erneuert. Die vollwandigen dreieckförmigen Masten mit einer Blechdicke
von 12 und 14 mm, stehen mit der Stadion zugewandten Seite senkrecht und verjüngen sich im Querschnitt
vom Fundament bis zur untersten Plattform. Sie stehen in einem Abstand von 95 bzw. 98 m von der der
Spielfeldmitte. Durch die Geländesituation bedingt, sind die 4 Masten unterschiedlich hoch ausgebildet.
Höhe zwischen 41,50m und 54,70m. Die 4 Masten wurden auch vor Ort erst feuerverzinkt. Wegen dem komplizierten
technologischen Bauleistungen war das Stadion für den Spielbetrieb kurze Zeit nicht nutzbar. Dies
war zwischen den beiden Heimspielen gegen Hansa Rostock (24.09.1988/2-0) und dem 1. FC Union Berlin
(22.10.1988/2-0) der Fall. In dieser Zeit musste man zweimal auswärts antreten. In Halle beim HFC
1-1 und in Karl-Marx-Stadt, 2-4 Niederlage. Diese Flutlichtanlage war für Fernsehübertragungen mit
einer Kapazität zwischen 900 - 1000 Lux und für normale Flutlichtspiele ohne TV-Übertragungen von
500 - 600 Lux ausgelegt. Eine fast baugleiche Flutlichtanlage steht übrigens im Brandenburger Stadion
"Am Quenz".

Frühjahr 1989 - Abriss der heutigen Fankurve Blöcke O/P/N. Foto: W. Wagner
Anzeigetafel: Erstes Spiel mit neuer elektronischer Anzeigetafel (Inbetriebnahme)
war das Heimspiel gegen Örgryte IS Göteborg 0-1 vor 4.500 Zuschauern im IFC-Cup am 01. Juli 1989.
Im damaligen Sportecho war zu lesen: Die neue elektronische Anzeigetafel feierte im Otto-Grotewohl-Stadion
ihre Premiere. Die Hoffnung auf ihr auch Wismut Treffer vermelden zu können, erfüllte sich allerdings
nicht. Denn das einzige Tor des Tages markierten die Schweden. Autor des Artikels war der damalige
Leiter der FCE-Pressekonferenzen Bernd Friedrich. Der Standort der Anzeigetafel war ursprünglich
woanders geplant. Bei der Erarbeitung der Bauunterlagen wurden aber die Erkenntnisse der Stadionbrigade
mit eingearbeitet, wie Alfred Schaaf zu berichten wusste. Der Standort wurde so gewählt, dass die
Anzeigefläche bei Sonnenschein im Schatten bleibt und damit die Sicht der Zuschauer nicht beeinträchtigt
wird.
Eckdaten der alten Anzeigetafel: 13,2m x 4,35m x 3m (L/B/T). Luftvolumen 172m³, Lampenzahl gesamt
6.080 Stück, je Buchstabe/konstruktiv 6x8 = 48 Stück, wirklich in Betrieb aber nur 5x7 = 35 Stück.
Buchstabenzahl je Zeile = 24 Stück, Zeilenanzahl 7. Lampenanzahl bei allgemeiner Schrift 5.880 Stück,
zuzüglich Uhr 60 Stück, Digitalanzeige 4 Felder x 35 = 140 Stück.

Sommer 1989 - Tribünendachmontage der Kurve, Blöcke H/I/J. Foto: St. Unger Foto: W. Wagner
Am 01. Juli 1991 wurde das Stadion nach 40 jähriger Trägerschaft durch die SDAG
Wismut, verwaltungsrechtlich durch den Zweckverband Erzgebirgsstadion übernommen. Dem Zweckverband
gehörten der Landkreis sowie die Städte Aue und Lößnitz an. Unter der neuen Regentschaft konnten
die bis dahin unterbrochenen Rekonstruktionsarbeiten fortgesetzt werden. In den vergangenen 40 Jahren
stets als Eigentum der einstigen SDAG Wismut gehandelt, wurden die Besitzverhältnisse durch die Treuhand
Ende Oktober 1991 endgültig geklärt. Das Grundbuch verzeichnet den Landkreis Aue als neuen Eigentümer.
Der Zweckverband wurde am 31.12.1995 wieder aufgelöst und der FCE übernahm per Pachtvertrag das Stadion.
Am 26.11.1991 wurde das Otto-Grotewohl-Stadion durch den damaligen Landrat Heinz-Günther
Krauß feierlich in "Erzgebirgsstadion" umbenannt. Als Gegner lud sich der FC Wismut Aue den 1.FC
Nürnberg ein, den man vor nur 4.000 Zuschauern und unter Flutlicht mit 3-0 Toren schlug.
19.09.1992 - Abschluss des Umbaues/Reko Stadion Aue. An diesen Tag fand anlässlich eines Schülerländervergleichskampfs
mit 300 Teilnehmern aus Hessen, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen die feierliche Übergabe
der ca. 770.000 DM teuren Leichtathletikanlage statt. Darüber hinaus entstanden noch ein Plexiglastunnel
für die Spieler, ein moderner Sozialtrakt für Heim- und Gastmannschaften, Schiedsrichter sowie Sanitäter.
Unter dem Tribünendach wurden noch Logenkabinen für Stadionsprecher, Reporter und eine 60 Plätze
umfassende VIP-Loge eingebaut. (B. Schulz)*
*Suche immer noch Historische Daten, Fakten und Fotos zu bestimmten zeitlichen
Abläufen und Veränderungen vom Auer-Stadion. Bitte melden Sie sich bei Burkhard Schulz (Burg) unter Tel: 037296-84851 oder
per Email burg@block-a.de.
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