München: Deutschland - England
01.09.2001

Deutschland – England 1:5 (1:2)

Was für ein Debakel, was für eine Pleite und ich dachte immer, ich hätte in siebzehn Jahren Fußballleidenschaft alles erlebt. Aber demütigender geht es nimmer! Aber der Reihe nach: Immerhin neun Leute von uns hatten dieses Spiel eingeplant (Sechs mit dem Flieger, drei mit der Bahn), obwohl wir uns von den Feierlichkeiten des 0:2 unseres FC St. Pauli zwei Wochen vorher kaum erholt hatten. So ist das eben, fast vier Jahre nicht in München gewesen und dann innerhalb von zwei Wochen zweimal. Auch zum Länderspiel war der Flieger als Reisemittel gewählt worden und gut gelaunt (warum sollte es gegen England auch schief gehen?) trafen sich unsere Leute und zwei Stellinger am Flughafen. Der Hammer war ein St. Paulianer, der vergessen hatte, dass er nach München wollte und die Nacht vorher durchgesoffen hatte. Wir erreichten ihn eine dreiviertel Stunde vor dem Abflug über Handy und dank eines Taxifahrers, gegen den Schumi wie ein Anfänger aussehen würde (rote Ampeln - kein Grund zu halten), schaffte er es sogar noch.

In München angekommen wurde einer der dortigen Kumpels (die North-Side pflegt seit Jahren eine enge Freundschaft zu den Forward Ultras von Bayern München) kontaktiert und man traf sich im Augustiner zu den ersten Runden Bier. Nach ca. einer Stunde latschte plötzlich einer der St. Pauli Szenebeamten durch den Bierkeller und ihm fiel fast die Kinnlade herunter, schließlich hatte er wohl mit allem gerechnet, nur nicht mit uns. Ein Treffen mit der Aue/Erfurt-Fraktion kam leider nicht zu Stande (Frau Kämmerer: Mails immer gleich lesen an so einem Tag, gelle?). Ein anderer Augustinerkeller wurde aufgesucht und man ärgerte sich ein wenig, denn gut eine Stunde nach dem Verlassen der ersten Lokalität, wurde diese verwüstet und wir hatten nichts mitbekommen.

Nach gutem Essen und etlichen Bierchen in einer superlustigen Runde, zog es uns dann ins Fanhaus von Red United in dem nach und nach immer mehr gute Münchener Bekannte eintrafen. Das SEK hatte sich wohl vorgenommen, alle aus diesem Fanhaus kommenden Personen zu filzen, da es aber mehrere Ausgänge gab, zogen sie schnell wieder ab, die Taktik ging irgendwie nicht auf.

Zu zweit schlossen wir uns dann den C-Kategorie Leute an und man gelangte so zum Treffpunkt. Leider waren sehr viele Deutsche Freunde der dritten Halbzeit in mehr oder weniger kleinen Gruppen unterwegs und mussten fast überall der englischen Übermacht weichen. Vom Treffpunkt zogen etwa 200 Leute in Richtung Stadion und an einem Biergarten gab es dann ein kurzes Aufeinandertreffen mit den Thommys, wobei diese sich hauptsächlich durch das Werfen von Gegenständen hervortaten und „Oh Wunder“ doch einige zu Boden mussten. Vor dem Stadion löste sich der Mob sehr schnell auf und von nun an hatten die Engländer die Oberhand. Davon machten sie reichlich Gebrauch und so mancher Deutsche bekam dies zu spüren.

Der Rest unserer friedlichen Gruppe war in der S-Bahn auf Engländer getroffen und hatte teilweise böse einstecken müssen. Grund dafür, sowie, meiner Meinung nach, für die Gesamtniederlage der Deutschen: Massen von Möchtegerns, die versuchen gefährlich auszusehen, superharte T-Shirts tragen ein auf Hooligan machen und im entscheidenden Moment wegrennen. Zurück blieben dann meistens einige Hartgesottene, die sich der Übermacht beugen mussten und von Seiten der Inselaffen natürlich keine Gnade zu erwarten hatten. Einer unserer Leute erlitt bei so etwas einen Beinbruch, ein anderer kam mit einer Platzwunde davon.

Im Stadion herrschte anfangs eine recht gute Stimmung, dass frühe 1:0 trug sicherlich heftig dazu bei. Aber spätestens nach dem 2:1 für England kurz vor der Halbzeit war es vorbei mit der Deutschen Herrlichkeit und es regierte nur noch England. Frustriert zogen wir uns bereits nach dem 1:3 zum Treffpunkt zurück und ärgerten uns, dass wir die Karten nicht vor dem Match an die Engländer vertickt hatten, die boten nämlich bis zu DM 800,-- für ein Ticket. In der Nähe des Treffpunkts kam es dann an der Tankstelle noch mal zu einem kurzen Gefecht, wir zogen es anschließend vor, wieder das Fanhaus aufzusuchen und unseren Ärger über die vielen Deutschen Möchtegerns und das demütigende Ergebnis im Alkohol zu ertränken. Die Nacht wurde dann im Fanhaus und im Nachtwerk (Disco) zugebracht und nach drei Stunden Schlaf im Fanhaus machten wir uns dann auf den Weg, unseren Gegipsten aus dem Krankenhaus zu holen und zum Flughafen zu bringen. Nach einigen Schwierigkeiten beim einchecken saßen wir dann doch alle im Flieger, vor uns natürlich einige gutgelaunte, biertrinkende Engländer, und ich war mächtig froh, gegen 15 Uhr endlich die Verabredung mit meinem Bett eingehen zu können.

Fazit: Deutschland ist sowohl fanmäßig, hoolmäßig und auch sportlich eine Klasse hinter den Engländern. Manchmal wünsche ich mir stimmungsmäßig ein Selbstverständnis der Deutschen, wie es Schotten, Iren oder Holländer haben. Die sind stimmungstechnisch aller erste Sahne, Deutschland ist bestenfalls drittklassig. Rudi Völler hat sicherlich eine gigantische Lobby, wenn er aber weiterhin solche Anti-Fußballer wie Ballack, Wörns und Linke spielen lässt, ist er bald weg und wir garantiert nicht bei der WM dabei. Wenn der Owen unsere Abwehr schon lächerlich macht, was wird wohl Schwetschenko erst damit anstellen?
Armes Deutschland!!!

Ein Dankeschön und spezielle Grüße an Addi (SCM), Tell (Bayern Rangers), FUM und die anderen Jungs, die sich nichts vorzuwerfen haben.
Maik (North-Side St. Pauli)