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Wismut Aue im 30. Jahr in der Oberliga

Ohne Mühe zum zweiten Auswärtssieg der Saison kam Wismut Aue vor 40 Jahren, am 20. Februar 1982 beim Aufsteiger Chemie Buna Schkopau. Es war der Auftakt zur Rückrunde der DDR-Oberliga 1981/82, in der die Veilchen am Ende auf dem 10. Platz einkamen. Wismut kontrollierte die mittelmäßige Partie auf gefrorenem Boden nach Belieben. Für die Tore sorgten Holger Erler per Handstrafstoß und Harald Mothes. Co-Trainer Konrad Schaller resümierte nach Spielende: „Der Sieg musste deutlicher sein." Wenn Süß und Teubner die Aktivität von Erler erreicht hätten, wären den ohnehin mobilen Angriffsspitzen noch mehr Impulse zugeflossen. Für die Antrittsschnelligkeit von Stein und Escher, das dauernde Ausweichen von Mothes auf die Flügel besaßen die Gastgeber nicht die taktischen Mittel, um Fehlerquellen auszuschließen. Dem einfallslosen Bemühen der Buna-Stürmer gewannen Wismuts Abwehrrecken nur ein Lächeln ab. Nach 69 Minuten (!) kam der erste Schuss von Wallek aus 18 Metern gerade noch bis zu Ebert, weitere drei von Ceranski (2) und Koßmann flogen weit am Tor vorbei. Der Aufsteiger kämpfte in der zweiten Halbzeit Aufopferungsvoll, aber es gelang nur noch der Anschlußtreffer durch Meichsner drei Minuten vor dem Abpfiff.

Wismut stand nach diesen zweiten Auswärtssieg auf einen 6. Tabellenplatz, einen Punkt vor Dynamo Dresden, die sie in der Hinrunde sensationell mit 2:1 in deren Stadion schlugen. Nur ganze zwei Minuten benötigten die Erzgebirgler im September 1981, um die Überraschung des 5. Spieltages perfekt zu machen, „Die Mannschaft muß mehr an sich selbst glauben nicht immer die Gedanken des Abstiegs im Hinterkopf herumgeistern lassen". diese Worte sprach Trainer Hans-Ullrich Thomale vor dem Saisonstart. Und er leistete wohl darin schon eine gehörige Arbeit, denn die Auer stellten sich sehr selbstbewußt gegen eine Dynamo-Elf vor, die ja erst am Mittwoch zuvor mit dem 2:1 in Leningrad (im Europapokal) für Aufsehen gesorgt hatte. Ein Routinier und ein Oberliganeuling schossen die Tore, Holger Erler, der technisch perfekter Mittelfeldspieler, verwandelte einen Freistoß direkt, wie es ansonsten die Art von Dynamo-Kapitän Hans-Jürgen Dörner ist, und dann nutzte der schnelle Olaf Distelmeier die Chance zum Siegestreffer resolut. Auch danach waren die Gäste dem dritten Tor näher als Dynamo dem Ausgleich.

Eine Woche später beim Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg, da hallten Sprechchöre durchs weite Oval in Aue. „Thomale, Thomale!“ Sie honorierten damit das, was sich in der noch jungen Saison bei den Veilchen tut. Und das ist eine ganze Menge, wie allein die Zuschauerzahlen beweisen: 16.000 (gegen Schkopau), 20.000 (gegen Jena), 13.000 (gegen Cottbus) und dann wieder 20.000 gegen die Magdeburger. Der Oberligaspitzenreiter befand sich in Aue eigentlich bereits klar auf der Siegerstraße. Jürgen Pommerenke und Axel Wittke hatten zwei grobe Wismut-Abwehrfehler zum 0:2 genutzt. Nun sollte man erwarten können, daß eine Spitzenmannschaft diesen Vorsprung mit Kampf (natürlich!) aber vor allem mit spielerischen Mitteln in der letzten halben Stunde behaupten kann. In einem furiosen Endspurt machte Wismut aus einem zwei Tore Rückstand noch ein nicht mehr erwartetes Remis. Alleingänge von Jürgen Escher und Harald Mothes brachten den Ausgleich, und nur ein toller Reflex von Dirk Heyne, der einen Kopfball aus Nahdistanz gerade noch über die Latte lenken konnte, bewahrte die Magdeburger in der 90. Minute vor ihrer ersten Saisonniederlage. Aues Kapitän Jürgen Escher: „Wir ließen uns das Spiel des Spiel des 1. FCM zu lange aufzwingen. Erst als er auf Zeit spielte fanden wir unseren Rhythmus, gaben kämpferisch alles, fanden zu gelungenen Aktionen. Bel den Magdeburger Toren leisteten wir ungewollt Hilfestellung. Daß wir ein 0:2 aufholten, ich kann mich nicht daran erinnern, daß so etwas in den letzten Jahren geschah, stellt unserer Moral ein gutes Zeugnis aus.“

Für das Oberligakollektiv der BSG Wismut war es die dreißigste (!) Saison ohne Unterbrechung in der höchsten Klasse der DDR. Neuer verantwortlicher Trainer in Auer Lößnitztal wurde der damals 36-jährige Hans-Ulrich-Thomale, der dann für vier Spielzeiten die Geschicke der Lila-Weißen leitete. An die letzten Minuten des vergangenen Spieljahres konnte sich jeder Wismut-Akteur noch haargenau erinnern. Der eigene Erfolg gegen 1. FCM war geglückt, doch es folgten die bangen Sekunden, bis die Kunde vom Erfolg des HFC in Böhlen kam - Wismut blieb damit weiter in der Oberliga.
„Verständlich, daß wir nun dieses Zittern ersparen wollen", hoffte der neue Trainer Thomale vor Saisonbeginn. Thomale hatte zuvor die Nachwuchsoberligaelf des FC Carl-Zeiss Jena betreut. „Natürlich merkt man dem Kollektiv den jahrelangen Kampf gegen den Abstieg an, es operiert vorsichtig, zu zaghaft. Wir müssen das Selbstbewußtsein stärken, um auch einmal etwas auszuprobieren, müssen wir die Hektik verbannen.“ Der neue Trainer hatte sich ein klares Bild darüber verschafft, wozu die Erzgebirger fähig sind. „Willen, Kollektivgeist und kritische Einstellung zur eigenen Leistung waren vorhanden. Davon ausgehend, stellte ich mir das Ziel, das spielerische Niveau zu verbessern, positionelle Umbesetzungen vorzunehmen. Da hatte mir die Saison 1980/81 manch wichtigen Hinweis gegeben. 60 Gegentore in der vergangenen Saison sagen über Schwächen im Abwehrverhalten genug. Ich bin zuversichtlich, Jenaer Trainingserfahrungen umsetzen können.“

Dabei war der Start in die Jubiläumssaison etwas holprig für Wismut. Aue hatte seit 1975 endlich mal wieder ein Heimspiel zum Saisonauftakt und gleich 16.000 Zuschauer strömten ins Otto-Grotewohl-Stadion und feierten am Ende den 300. Oberligasieg von Wismut seit dem Aufstieg 1951. Das 4:2 gegen den Sensationsaufsteiger Chemie Buna Schkopau wurde erst in er 87. Minute von Escher und in der 90. Minute durch Teubner sichergestellt. Konditionell und läuferisch in der Zweikampfführung hielt Buna lange mit. Cleverness, Deckungskonsequenz und der unermüdliche Einsatz aller Gästespieler wahrte bis in die Schlußphase die Chance auf ein keinesfalls ungerechtfertiges Remis. Erler leistete sich gar noch den Luxus einen Elfmeter beim Stande von 2:2 übers Tor von Buna zu ballern. Seine Elfer-Quote blieb trotzdem respektabel. Im 31. Elfmeter war es erst der vierte Fehlschuß. Es sollte der erste Saisonauftakt-Sieg seit 1970 sein. Damals gewannen die Auer mit 1-0 im Rostocker Ostseestadion bei Hansa. Danach gab es 4 Unentschieden und sechs Niederlagen jeweils am 1. Spieltag.

Die BSG Chemie Buna Schkopau wurde im November 1948 als Betriebssportgemeinschaft des zwischen Merseburg und Halle/Saale gelegenen Chemiewerkes gegründet. „Plaste und Elaste aus Schkopau" war eine der bekanntesten Werbebotschaften in der DDR. Das nahe Merseburg „lieh" dem Neuling für die Heimspiele sein „Stadion der Chemiearbeiter". Auswärts gab es deftige Klat- schen, so ein 1:10 bei Dynamo Dresden, jeweils 0:6 beim FCK und bei Vorwärts Frankfurt/Oder und ein 0:7 bei Meister BFC Dynamo. Der Sensationsaufsteiger drehte in der Aufstiegsrunde zur Oberliga neben Motor Suhl und Schiffahrt Hafen Rostock sogar dem 1. FC Union Berlin eine Nase. Die Mannschaft nahm ihr Oberligadebüt ohnehin als einzigartiges Abenteuer gelassen. Erst am 22. Spieltag im April´82 gelang der erste Saisonsieg gegen Hansa Rostock mit 1:0.

Februar 1982- Auer Fans am Bahnhof in Merseburg zum Spiel gegen Chemie Buna Schkopau. Foto: V. Scharkus


Die Veilchen waren im Herbst ständig auf Platz 4 bis 9 (nur einmal) angesiedelt. Mit 15:11 Punkten belegten sie in der Winterpause Rang 8, lediglich zwei Zähler hinter dem Tabellenzweiten Jena. Fünfmal blieben sie in diesem Zeitraum sogar hintereinander unbesiegt (8. bis 12. Runde). Die Zuschauer kamen in hellen Scharen. Klasseschlußmann Ebert blieb die Nr. im Tor. In der Fuwo-Punktwertung belegte er einen guten 6. Rang. Ansonsten formierte Thomale alle Mannschaftsteile um. Individuelle Steigerungen von Köberlein, V. Schmidt, Süß und Lippold stachen ebenso ins Auge wie der Ehrgeiz von Escher, Mothes oder Distelmeier, das Mannschaftsspiel insgesamt effektiver, dynamischer zu machen. Niemand wurde überforderte vielmehr gab Wismut die neue Tendenz zu erkennen, das Oberliga-Dasein als angenehme, leistungsaktivirende Herausforderung zu betrachten. Doch in der 2. Halbserie konnte Wismut nicht mehr an der respektable Hinrunde anknüpfen und holte nur noch acht Punkte. Was Wismut unterschätzte, war der Gegendruck der Konkurrenz, der in der 2. HS prompt kam. Verletzungen von Erler, W. Körner, Höll und J. Körner belasteten die Stabilität. Sieben sieglose Spiele vom 15. bis 21. Spieltag, sowie Platz 12 in der separaten Tabelle der Rückrunde warfen die Elf wieder zurück. In 8 Spielen ließ die Abwehr drei und mehr Gegentore zu, in 9 Treffen schossen die Kumpel keine Tore. Bescheidene 10 Treffer wurden nur von Halle (8) unterboten. Andererseits verfügten die Lila-Weißen gegen acht Kollektive über positive (3x) und ausgeglichene (5x) Punktbilanzen. Im Vorjahr war das Punktverhältnis allein nur gegen Erfurt (3:1) positiv. Und statt drei Auswärtszählern (1980/81) machte Wismut diesmal sieben gut, darunter die sensationellen Punktgewinne in Dresden (2:1) und Leipzig (2:2) sowie weitere Erfolge in Schkopau (2:1), Rostock (2:2) und beim FCK (0:0). Auswärts sieglos, wie im Vorjahr keine Spur! Wismut spielte seinen Angriffspart, selbst wenn die Elf fünfmal tüchtig zur Ader gelassen wurde (BFC 0:5, Jena 0:4. Erfurt 1:4, FCV und Halle jeweils 0:3). Auf Ende kamen sie auf 23 Pluspunkte einen Punkt und einen Rang hinter dem FC Karl-Marx-Stadt und neun Zähler vor Sachsenring Zwickau. Die Trabantstädter hielten damals mit mickrigen 14 Zählern die Klasse vor Energie Cottbsu und Buna Schkopau. Aufgrund der eklatant schwachen beiden Aufsteiger aus Cottbus und Schkopau, mutierte der Abstiegskampf in jener Saison 81/82 zum Langweiler indem Aue nie verwickelt war. (Burg)

Zeitreise durch die Oberligasiason 1981/82


September 1981 - Günter Seinig (Aue/links) im Laufduell mit Eberhard Vogel. Beim 1-0-Sleg des FC Carl Zeiss Jena in Aue zog Eberhard Vogel in der Anzahl seiner Oberliga Punktsplelelnsätze mit dem Zwickauer Alois Glaubitz gleich: 428 Spiele! Nun steuert der Jenenser Flügelstürmer eine neue Rekordmarke an. Foto: Kruczynski



Sommer 1981 - Die Vorstellung des neuen Auer Trainers im Sportecho/Fuwo-Sonderheft zur Saison 1981/82 Quelle: Archiv Burg




August 1981 - Olaf Distelmeier bei seinem ersten Oberligaeinsatz für Wismut Aue. Am 22. August gewinnen die Veilchen das erste Heimspiel zum Saisonauftakt gegen den Aufsteiger Chemie Buna Schkopau mit 4-2. Foto: Kruczynski



August 1981 – Statistik in der Fuwo eine Woche vor dem Saisonstart. Aue hatte seit 1975 endlich mal wieder ein Heimspiel zum Saisonauftakt. Und der letzte Sieg zum Saisonauftakt für Aue datierte vom September 1970 (1-0 Sieg bei Hansa). Danach gab es 4 Unentschieden und sechs Niederlagen jeweils am 1. Spieltag. Quelle: Archiv Burg



August 1981 - Oldtimer-Korso zur Saisoneröffnung der Spielzeit 1981/82 im Auer Otto-Grotewohl-Stadion. Foto: Kruczynski





September 1981 - Aue gegen Magdeburg (2-2). Wismut-Fans bringen ihren Stolz zum dreißigjährigen Oberligabestehen ihrer BSG mit einer Fahne zum Ausdruck. Foto: V.Scharkus



September 1981 – Abgang der Zuschauer nach dem Heimspiel gegen Spitzenreiter 1. FC Magdeburg. Nach einem 0-2 Rückspiel schaffen Escher und Mothes noch den 2-2 Ausgleich. Foto: V.Scharkus





Februar 1982 – Fazit vom Trainer nach der 1. Halbserie im Sportecho. Quelle: Archiv Burg



Februar 1982 - Einlauf der BSG-Mannschaften von Chemie Buna Schkopau (Weiß-Grün) und Wismut Aue (Lila-Weiß) beim Start der Rückrunde 1981/82. Foto: V. Scharkus



April 1982 - Zeitgenössische Notiz: „Küchenhilfen gesucht!” Aus dem Auer Programmheft zum Spiel gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig im April 1981. Quelle: Archiv Burg



Februar 1982 - Da hatten wohl die meisten der 20.000 Zuschauer, das Remis schon in den Wind geschrieben, als Distelmeier (im Bild mit der Nr. 15), nach Kopfballvorarbeit von Aues Torhüter Ebert (!), in der Schlußsekunde die Kugel in das von Alscher sehr gut gehütete Sachsenring-Gehäuse unterbrachte. Foto: Kruczynski



März 1982 – Auswärts bei Energie Cottbus. Aue verlor 2-3. Quelle: Archiv Burg



März 1982 – Auer Fans beim Gastspiel in Jena – 0-4 Niederlage. Foto: V.Scharkus



April 1982 – Bahnhof Magdeburg. 1. FCM vs. Aue 3-1. Foto: V.Scharkus



In der Saison 1981/82 gab es gleich 9 Elfmeter für Aue. Quelle: Archiv Burg



Mai 1982 - Wismut-Schlachtenbummler auf dem Bahnhof in Aue vor der Abfahrt zum Bezirksderby nach Karl-Marx-Stadt. Das Oberligaspiel am 23. Spieltag endete torlos. Foto: V. Scharkus



Mai 1982 – Letztes Auswärtsspiel der Saison in Frankfurt/Oder. Mitgereiste Auer Fans. Aue verliert beim FCV mit 0-3. Foto: V.Scharkus



Mai 1982 - Blick ins Auer Stadion. Heimspiel gegen Hansa Rostock (1-1). Foto: V. Scharkus



Mai 1982 - Die Stadiontreppe beim Heimspiel gegen den FC Hansa Rostock. Oben im Bild rechts im lila Trainingsanzug Hans-Ulrich Thomale und daneben Richard Velek, damals neuer Leiter der Sektion Fußball in Aue. Im Thomale-Buch, seit September 2021 im Handel, ist zu lesen: „Ich veranlasste, dass wir immer von oben kamen. Und der Gegner kam selbstverständlich immer von unten und durfte sich ein wenig die Beine in den Bauch stehen und das Geschrei der Auer Zuschauer genießen.” Foto. V.Scharkus



Sommer 1982 – Statistik zur Saison 1981/82 in der Fuwo. Quelle: Archiv Burg



Mai 1982 - Wismut Aue vor dem Spiel gegen Rot-Weiß Erfurt (0-0) am 26. und letzten Spieltag v.l.n.r.: Jürgen Escher, Torhüter Ulrich Ebert,VoIker Schmidt, Thomas Teubner, Olaf Distelmeier, Jürgen Köberlein, Ralf Kraft, Michael Preiß, Harald Mothes, Lutz Wendler und Rainer Kunde. Foto: Kruczynski

Geschrieben von Burg am 19.02.2022, 21:44   (1242x gelesen)