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Herbst 1964 - Als die Meisterschaft ruhte

Am 13. September 1964 mußte Wismut Aue am 6. Spieltag beim Vorjahres-Meister Chemie Leipzig im Georg-Schwarz-Sportpark antreten. Vor 18.000 Zuschauern ließen sich sich die Gäste auch durch den schnellen 0-1 Rückstand durch Richter (4.) nicht beeindrucken. Die Auer Mannschaft, damals von Armin Günther trainiert, erreichte nicht nur durch Konrad Wagner wenig später (15.) den Ausgleich, sondern war danach über weite Strecken die spielbestimmende Mannschaft. Obwohl Chemie verletzungsbedingt lange Zeit in Unterzahl spielen mußte, kamen sie in der Schlußphase nochmals auf. Wismut hielt den Leipziger Endspurt stand und blieb somit nach Abpfiff als einzige Oberligamannschaft noch ungeschlagen. In diesen sechs Punktspielen holte Aue 1 Sieg und 5 Unentschieden.

Ab den 6. Spieltag ruhte die DDR-Meisterschaft 1964/65. Wismut war als einziger noch ungeschlagen! Quelle: Sportecho


Zehn Tage später gab es diese Begegnung zum zweiten Mal. Diesmal im Auer Otto-Grotewohl-Stadion, doch vor 4.000 Zuschauern setzte es die erste Niederlage (1-3) für Wismut im noch relativ jungen Spieljahr. Das Spiel gehörte jedoch zum Olympia-Pokal. Dieser Wettbewerb mußte quasi im Herbst 1964 „eingeschoben“ werden um die über achtwöchige Unterbrechung der DDR-Oberliga-Saison 1964/65 zu überbrücken. Der Olympia-Pokal hatte den Status von Pflichtspielen und war ein Wettbewerb des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR (DFV) sowie der Neuen Fußballwoche (Fuwo). Der Grund war die Teilnahme der Fußballolympiaauswahl der DDR an den Olympischen Sommerspielen in Tokio. Der DFV der DDR hatte so entschieden, daß er in diesem Jahr die Olympischen Spiele als das bedeutendste Ereignis einschätzte und die Kräfte auf dieses Turnier konzentrierte.

Am 11.10.1964 begann das Olympiaturnier in Japan. Die DDR startete mit einem 4-0 Sieg über den Iran. Foto: Archiv Fuwo 41/64



Deutschland nahm zum letzten Mal als Gesamtdeutsche Olympiamannschaft teil. In einer innerdeutschen Qualifikation hatte sich die DDR-Auswahl im September 1963 in Hin- und Rückspiel (3-0/1-2) gegen die bundesdeutsche Amateur-Auswahl durchgesetzt. Nach dieser Ausscheidung war für die DDR-Olympiaauswahl der Weg für die eigentliche Olympia-Qualifikation im ersten Halbjahr 1964 frei, in der sie auf die Amateurmannschaft der Niederlande und auf die Olympiaauswahl der Sowjetunion traf. Die Vorrunde-Gruppenphase in Japan wurde dann problemlos überwunden. Zwei klare Siege gegen Iran (4-0) und Mexiko (2-0) sowie ein 1-1 Remis gegen Rumänien. Im Viertelfinale konnte man mit Jugoslawien (1-0) den Olympiasieger von 1960 besiegen, musste sich aber im Halbfinale nach einer 1-0 Führung der Tschechoslowakei noch mit 1-2 beugen. Im Spiel um Platz drei behielt die DDR-Mannschaft mit 3-1 die gegen Vereinigte Arabische Republik die Oberhand, womit erstmals eine deutsche Auswahl eine olympische Medaille im Fußball gewinnen konnte.

Der eingeschobene Olympia-Pokal wurde vom 23. September bis 24. Oktober 1964 mit allen 14 Oberliga-Mannschaften der Saison 1964/65 ausgetragen. Für den Wettbewerb wurden nach territorialen Gesichtspunkten zwei Staffeln zu je sieben Mannschaften gebildet, in denen jeder gegen jeden in einer einfachen Runde (ohne Rückspiel) um Punkte antreten musste. Dabei traten die Teams abwechselnd in Heim- und Auswärtsspielen an. Die beiden Staffelsieger bestritten das Finale. Wismut Aue kam somit in die Gruppe B zusammen mit Chemie Leipzig, Motor Zwickau, SC Karl-Marx-Stadt, Motor Steinach, SC Leipzig und Motor Jena. Aue startete wie eingangs beschrieben mit einer 1-3 Heimniederlage gegen Chemie Leipzig in den Olympia-Pokal. Für das Auer Ehrentor sorgte Lothar Schmiedel in der 71. Spielminute. Vier Tage später kam es zum Derby im Karl-Marx-Städter Ernst-Thälmann-Stadion gegen den SCK. Die Bezirksstädter lagen in der Oberligatabelle zwei Punkte hinter Wismut und trennten sich vier Wochen zuvor an gleicher Ort und Stelle torlos von Wismut Aue.

Ab Mitte November 1964 ging es mit den Punktspielen weiter. Quelle: Sportecho


Zu diesen Punktspiel kamen 25.000 und sahen wie die Gäste aus Aue aus einer gewissen Igelstellung ein Remis ermauerten und dieses wie einen Sieg bejubelten. Der Olympia-Pokal lockte nur noch rund 5.000 ins Thälmann-Stadion. Schon nach 6 Minuten mußte Aues rechter Verteidiger Horst Neff wegen einer Knöchelverletzung mit der Trage vom Platz getragen werden. Die Gäste fortan in Unterzahl, denn damals konnte noch nicht gewechselt werden. Erst seit 1967 (nach Änderung der FIFA-Regel III) durfte ein verletzter Spieler pro Mannschaft ersetzt werden. Der SCK nutzte dies bis zur Pause gnadenlos aus und schaffte durch Tore von Dieter Erler (7.) und Rolf Steinmann (15.) schon für eine gewisse Vorentscheidung. Wismut fehlte an diesen Tag nicht nur durch den verletzt ausgeschiedenen Neff die spielgestaltenden Persönlichkeiten. Siegfried Wolf spielte nur in der Reserve (Vorspiel 1-1) und Manfred Kaiser mußte wegen einer Grippeerkrankung pausieren. Was der Fußballer des Jahres 1963 für die Wismut bedeutete, zeigte sich vor allem immer dann, wenn er nicht dabei war. Auch im zweiten Abschnitt beherrschte der Gastgeber im wesentlichen dank seines zweckmäßigen, schnelleren und zielstrebigeren Spiels die Szene. 0-6 hieß es beim Schlußpfiff aus Sicht von Wismut. Im Oktober machte der Tabellensechste der Oberliga in der Gruppe B des Olympiapokals Boden gut. Gleich drei Siege am Stück gab es in den beiden Heimspielen gegen Motor Steinach (2-0) und Motor Zwickau (4-0) sowie beim Auswärtsspiel beim SC Lok Leipzig (2-1). So schnupperte man dann noch sogar am Gruppensieg und dem Finaleinzug. Doch im 6. und letzten Gruppenspiel setzte es in Jena eine 0-1 Niederlage. Aues Trainer Armin Günther setzte in den sechs Spielen insgesamt 20 Spieler ein. Harro Miller, Bringfried Müller, Lothar Schmiedel und Eberhard Härtwig bestritten davon alle Spiele.

Das Endspiel um den Olympiapokal erreichten der SC Motor Jena und die BSG Lokomotive Stendal aus der Gruppe A mit jeweils 10-2 Punkten (2-Punkte-Regelung). Die Begegnung fand am 24. Oktober 1964 im Brandenburger Werner-Seelenbinder-Stadion statt. Nach einem gutklassigen Kampf gewann Motor Jena verdient mit 4-2. Sonderlich anziehend wirkte der Olympiapokal aber nicht. Nur 1.775 Zuschauer kamen durchschnittlich zu den insgesamt 43 Spielen.

Erst am 9. Spieltag verlor Wismut erstmalig ein Punktspiel. Gegen Zwickau setzte es eine 1-2 Heimniederlage. Foto: Kruczynski

Für Aue und alle anderen Oberligateams ging es nach dem Olympia-Pokal am 1. November mit dem FDGB-Pokal/2. Hauptrunde weiter. Aue benötigte gleich zwei Spiele gegen den zweitklassigen Ligavertreter Aktivist „Karl-Marx“ Zwickau. Nach einem 1-1 n.V. in Zwickau gewann man das Wiederholungsspiel drei Tage später in Aue klar mit 6-1. Die Oberliga-Meisterschaft wurde erst ab Mitte November 1964 wieder aufgenommen. Die Olympiaauswahl der DDR dehnte ihre Reise nach Japan aus. Dadurch mußten in vier Wochen die restlichen sieben Spieltage der 1. Halbserie bestritten werden. Die Folge waren zwei Mittwoch-Spieltage außer der Reihe. Wismut kassierte erst am 9. Spieltag ihre erste Punktspielniederlage. Mit 1-2 mußte man sich Motor Zwickau im Lößnitztal geschlagen geben. Ansonsten hielt man sich größtenteils im sicheren Mittelfeld auf. Erst in der Saison-Schlußphase ging die Puste etwas aus. In den letzten sechs Spieltagen gelang nur noch ein Sieg gegen Steinach. Dagegen kam man im FDGB-Pokal nach Siegen über Lok Stendal (5-2/AF-ausw.) und Chemie Leipzig (1-0/VF-heim) bis ins Halbfinale und schied dort erst in der Verlängerung (2-4/ausw.) gegen den späteren Pokalsieger SC Magdeburg aus. Am Ende wurde es für Aue in der Meisterschaft ein 9. Tabellenplatz mit 6 Siegen – 12 Remis – 8 Niederlagen. Dabei waren drei Tiefstwerte aller 14 Oberligamannschaften bemerkenswert: A. die wenigsten Siege: 6 * B. die wenigsten erzielten Tore: 23 * C. die wenigsten Heimtore: 12. (Burg)


Die Spiele im Olympia Pokal in der Gruppe B
Geschrieben von Burg am 10.10.2021, 19:14   (1331x gelesen)