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1986 - Klassenerhalt mit drei Heimsiegen perfekt gemacht

Anfang Mai 1986 war das Kapitel Abstieg bei Wismut Aue abgehakt. Binnen 8 Tagen holten die Schützlinge von Hans Speth in drei aufeinanderfolgenden Heimspielen vor insgesamt 41.000 Zuschauern gegen den 1. FC Union (3-0), Sachsenring (2-0) und dem FCK (2-1) satte 6:0 Punkte. Am 23. Spieltag in der Saison 1985/86 war die Abstiegsfrage in der DDR-Oberliga schon entschieden. Sachsenring verließ nach 1985 zum zweiten-mal die Oberliga. Dem FC Hansa widerfuhr dieses Mißgeschick schon zum fünften-mal (vorher 1956, 1975, 1977, 1979). Zwar hatten die Rostocker

Wismut Aue – I. FC Union Berlin 3-0 am 26. April 1986. Verdutzt schauen Ralf Sträßer (links) und Torhüter Wolfgang Matthies (beide Union) drein, nachdem Aues Reypka (nicht im Bild) zum 1-0 kurz vor der Pause getroffen hatte, dazwischen Volker Schmidt (Aue).

noch eine theoretische Chance. Aber wer angesichts ihres Torverhältnisses (-19) noch an eine Chance dachte ist mehr gutgläubig als realistisch. Die Wismut-Akteure wiesen ihre Steigerungsfähigkeit in dem Bezirksderby gegen den FC Karl-Marx-Stadt einmal mehr nachhaltig nach. „Eine unabdingbare Voraussetzung für das bemerkenswerte Abschneiden in der zweiten Halbserie“, wie Aues Trainer Hans Speth noch einmal sachlich feststellte. Er selbst wußte um die Probleme seiner Mannschaft nach dem Mittwochspiel gegen den anderen Bezirksnachbarn Sachsenring Zwickau am besten. „Wir hatten Kraft gelassen, deshalb begannen wir vorsichtig.“ So dominierten beide Abwehrreihen über eine Stunde lang vor den Augen von 18.000 Zuschauern im Otto-Grotewohl-Stadion. Ein Zustand, der sich änderte, als Rainer Kunde ein ausgesprochener spektakulärer Treffer gelang. Ein weiter Einwurf von Steffen Krauß, der auf den Weg in den FCK Strafraum noch durch einen Hinterkopf abgelenkt wird und per Seitfallzieher schlägt es der Auer Angreifer zum 1:0 in die Maschen (63.). Endlich wurden nun das Risiko auf beiden Seiten gesucht. Nach dem Ausgleichstreffer per Kopf von Michael Glowatzky (71.), holte dann der Schmied von Aue, Steffen Krauß, zum großen Schlag aus. Mit diesem Schlag (82.) hatte kaum jemand gerechnet, Illing nicht, der Krauß ein wenig zuviel Spielraum ließ, auch Kompalla im FCK-Tor kaum, der sich zwar mächtig streckte, auch noch an das Leder mit den Fingerspitzen herankam, letztlich aber dessen Einschlag nicht verhindern konnte. Das 2-1 war perfekt, ein neuerlicher Heimerfolg für die Wismut-Elf, die sich damit auch der letzten Sorgen entledigte. „Wer Schmied gelernt hat, wie der Steffen, der muß auch mal richtig auf den Amboß hauen können", kommentierte Trainer Hans Speth hinterher den fulminanten Treffer des Mittelfeldspielers.

Fuwo Schlagzeile vom 6. Mai 1986 aus der Ausgabe Nr. 18/86. Foto: Archiv Burg


Drei Tage zuvor gab es den Nachholer vor 13.000 Zuschauern gegen Zwickau. Das 73. Bezirksderby mußte im März eine halbe Stunde vor Spielbeginn abgesagt werden, weil sich auf dem Rasen wegen einer getauten Schneedecke zahlreiche Pfützen gebildet hatten. So „normal", wie es das Resultat von 2-0 für Aue vermuten läßt, war der Spielablauf keinesfalls. Denn nicht die Wismut-Männer, sondern vielmehr die benachbarten Gäste drückten dem Geschehen ihren Stempel auf. Aus einer über weite Strecken sicheren Abwehr inszenierte der Tabellenletzte Gegenangriffe, die es in sich hatten. Die großen Schwachstellen Sachsenrings waren die wiederholt überaus schwache Chancenverwertung sowie die Kurzschlußreaktion Schneiders, der Sekunden vor dem Abpfiff dem durchgelaufenen Steffen Krauß die Beine wegzog und dafür die Rote Karte erhielt. Wismut wußte gar nicht richtig, wie man zu den Punkten gekommen war, die dann jedoch mit Blick auf die Tabelle goldwert waren. Harald Mothes, wer sonst, sorgte mit seinen beiden Toren in der 42. und 81. Minute für den 2-0 Heimerfolg. Für den Auer Stürmer waren dies die Tore Nr. 13 und 14 in jener Saison in allen vier Wettbewerben. Am Saisonende waren es 15. In der Oberliga 10, FDGB-Pokal 2 und in der Intertoto-Runde 3. Nur im UEFA-Pokal ging er leer aus.

Dabei erlebte die Mannschaft 1985/86 zusätzlich mit der Teilnahme am Intertoto-Pokal sowie am UEFA-Cup eine Belastung bisher noch nicht gekannter Art und Weise, die zu verkraften, sie auf die Dauer nicht in der Lage war. 36 Pflichtspiele kamen so zusammen. In zunehmendem Maße schlichen sich Konzentrationsschwächen wie auch individuelle Fehler in das Spiel ein. Dazu kam mangelndes Selbstvertrauen. Bestes Beispiel war das auswärts trotz teils recht guter Kritiken lediglich durch das 3-3 in Zwickau in der Hinrunde nur ein einziger Punkt geholt wurde. Den tiefsten Punkt der Talsohle erreichte die Mannschaft wohl drei Tage nach ihrer deutlichen 1-4 Niederlage bei Carl Zeiss Jena. Mit einer indiskutablen Leistung mußten sie im FDGB-Pokal beim Bezirksligisten Schiffahrt/Hafen Rostock die Segel streichen. Eine Folgeerscheinung dessen war dann auch der „Ausstieg" von Harald Fischer, eines sicherlich talentierten, aber wohl noch zu unerfahrenen Mannes, aus der Funktion des Trainers. Sein Vorgänger Thomale hatte Maßstäbe gesetzt, an denen auch andere gescheitert wären. „Conny" Schaller , altbewährter Wismut-Kämpe und schon vorher Assistenztrainer bei Hans-Ulrich Thomale, übernahm bis zum Ende der 1. Halbserie das Steuer, wobei es manche Klippe zu umschiffen galt. Fünf Punkte aus sechs Spielen holte Aue unter seiner Regie. Alleine 8x standen die Männer von Kapitän Jörg Weißflog auf dem 13. Abstiegsrang und überwinterte in Folge dessen dann auch auf diesen. Der Abstand zum rettenden Ufer war aber noch überschaubar, denn den 7. Erfurt und den 13. Aue trennten nur ganze 2 Punkte. Keine Frage, das der Wismut Anhang in dieser Zeit oft genug Grund zur Klage hatte.

Unter Neutrainer Hans Speth, der ab 1. Januar 1986 im Lößnittztal verpflichtet wurde, wurde der Abwärtstrend dann gestoppt. Nach dem Heim 1-1 gegen Dresden zum Rückrundenauftakt, das ohne Weißflog, St. Krauß und V. Schmidt erreicht wurde gab es dann das anschließende 1-1 in Berlin beim BFC, wo erneut der Stammtorhüter Weißflog fehlte. Gegen abwehrstarke Auer fand der Meister auf Schneeboden aber kein Erfolgsrezept. Die Gäste operierten aus der Konterstellung, stellten sich aber nie hinten rein. Nach dem Berliner Führungstreffer in der 70. Minute zog Mothes drei Minuten später mit einem langen Paß von Konik auf und davon. „Ich habe den Ball mit vollem Risiko mit Vollspann abgeschossen!" Lob für dieses fulminante Ausgleichstor bekam er vom Trainer: „Eine wunderbare Schußtechnik!.“ Und Harald Mothes kommentierte glücklich: „Taktisch diszipliniert, haben wir den BFC in der Abwehr stets zu beschäftigen versucht."

Diese tolle einsatzstarke Aktion von Roland Balck (51.) führte bereits zum vorentscheidenden 2-0 für Wismut. Das dritte Tor besorgte Steffen Krauß nach 76. Minuten. Im ersten von drei Heimspielen innerhalb von 8 Tagen siegte Aue am Ende mit 3-0 gegen den 1. FC Union Berlin der als Tabellendritter ins Lößnitztal angereiste und seit November 1985 in der Oberliga ungeschlagen war. Foto: Kruczynski


An diesen 15. Spieltag verließ Wismut damit die Abstiegsränge. Dieses Unentschieden beim BFC sorgte für einen ungeheuren Motivationsschub. „Da wußte ich, so werden wir unser Ziel erreichen“, meinte Trainer Speth später in der Saisonrückschau. Er fasste die 2. Halbserie so zusammen. „Die Wismutelf ist unwahrscheinlich begeisterungsfähig. Das und die Fußballleidenschaft im Erzgebirge habe ich genutzt, um der Elf Selbstvertrauen zu geben. Ich wußte um die Stärke und konnte mir denken, daß die Probleme nur im psychologischen Bereich lagen. Besonders loben möchte ich die Einstellung von Kapitän Jörg Weißflog und Stürmer Harald Mothes, die immer wieder die anderen anspornten und mitzogen. Ein Abenteuer war es schon, zumal Wismut zum Rückrundenstart nur auf Rang 13 stand. Aber es ist gut ausgegangen. Dennoch war zum Anfang jedes Spiel eines gegen den Abstieg. Bei dem 4. Platz in der Saison zuvor lief nahezu alles optimal. In dieser Saison hingegen ging zunächst vieles schief, der Trainer wechselte, die Mannschaft, der Vorstand wurden unruhig. Da kam einfach zu vieles auf einmal. Sicherlich auch, daß zunächst mit Holger Erler, später mit Jürgen Escher zwei Haudegen mitten in der Saison Abschied nahmen. Denn zwei Spielerpersönlichkeiten ihrer Güte, die mehr als ein Jahrzehnt Wimuts Spiel lenkten, kann keiner von heute auf morgen gleichwertig ersetzen.“ Trotz der vielen Nackenschläge die auf der Mannschaft anfangs einprasselten, muß man aber auch anmerken das es ein Plus war das immerhin 6 Spieler auf über 30 Spiele von insgesamt 36 Pflichtspielen kam. Heiko Münch stand mit 35 Einsätzen am meisten auf den Platz. Er fehlte nur einmal in der Hinrunde aufgrund einer Gelbsperre. Danach folgten Harald Mothes mit 34, Volker Schmidt, Wilfried Reypka und Steffen Krauß mit jeweils 33 Einsätzen. Torwart Jörg Weißflog kam auf 32 Spiele.

Bemerkenswert war in dieser Saison, dass Aue im eigenen Stadion ungeschlagen blieb, bei sieben

Wismut Aue - Sachsenring Zwickau 2-0 am Mittwoch, 30. April 1986
Harald Mothes (Wismut Aue) ist vor Marcel Babik (rechts) zum Schuß gekommen, hinten Matthias Weiß, Ralf Wagner und Roland Balck. Aues Stürmer Mothes war 1985/86 der treffsicherste Schütze. In 34 Pflichtspielen traf er insgesamt 15-mal ins gegnerische Tor. Foto: Kruczynski

Siege und sechs Unentschieden. Dies gelang ebenfalls nur dem Meister BFC und Aufsteiger 1. FC Union Berlin. In der Zuschauergunst hatte Wismut mit 123.000 den sechstbesten Wert der Oberliga nach Dresden (257.000), Union (165.000), Erfurt (153.000), Brandenburg (142.500) und Hansa (140.900). Im Durchschnitt kamen 9.462 Zuschauer zu den 13 Heimspielen ins Otto-Grotewohl-Stadion, das so seine letzte Saison erlebte. Im Sommer 1986 begannen Umbauarbeiten, die bis in die 1990er Jahre dauerten. (Burg)
Geschrieben von Burg am 21.05.2021, 15:01   (1096x gelesen)