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Als die Mauer fiel und Fußball zur Nebensache wurde

Anfang Dezember 1989 empfing die BSG Wismut Aue den zehnfachen DDR Meister BFC Dynamo zum letzten Spiel in der Hinserie 1989/90 auf Schneeboden. Es sollte das letzte Pflichtspiel unter dem alten Namen werden.
Die 41. DDR Oberliga Saison war durch die politischen Veränderungen in der DDR geprägt. Zum ersten Mal gab es für die Spieler die Möglichkeit, in die lukrative Bundesliga wechseln zu können. Als Erster nutzte dies der BFC-Spieler Andreas Thom, welcher die Oberliga in Richtung Bayer Leverkusen verließ. Ausgerechnet in Aue lief er zum letzten Mal vor seinem Wechsel in einem Oberligapunktspiel auf. Sieben Tage später absolvierte er aber noch einen 60-minütigen Einsatz beim Pokal Viertelfinalaus in Frankfurt/Oder. Im sechsten Saison-Heimspiel war die Auer Deckung um Libero Volker Schmidt und den Manndeckern Heiko Münch sowie Bernhard Konik letztlich Unterpfand für ein achtbares Resultat. Mit bemerkenswerter Konsequenz spulten sie ihr Pensum gegen das BFC-Stürmerduo Doll/Thom ab. Und wenn dann doch mal Thom oder Doll durch waren, so war da noch Aues Schlußmann Jörg „Flocke“ Weißflog, der gegen die beiden Nationalstürmer in der 5. und 13. Minute mit tollen Paraden glänzte.

Aue hatte gegen den Supercup- und Pokal Gewinner Vorteile im Spiel, aber selbst fünf etatmäßige Stürmer waren im zweiten Abschnitt nicht in der Lage die Entscheidung herbeizuführen. Wismut kämpfte zwar verbissen um jeden Ball, konnte sich aber wie so oft in dieser Halbserie nicht entscheidend durchsetzen. Nachdem Thom in der 76. Minute den Ball an den Innenpfosten setzte, mußten die Erzgebirger mit der Punkteteilung zufrieden sein. Zwar hatte man in den Heimspielen zuvor nur ganze zwei Gegentore hingenommen, erzielte aber selber nur vier. Da lag der Hase für Aue im Pfeffer. Insgesamt waren es dann nur 8 Treffer in 13 Punktspielen. Ein verheerender Schnitt. Logisch das der 13. Tabellenplatz und somit Abstiegsplatz enorm aufs Gemüt und psychischen Gesamtzustand drückte. Hoffnung machte nur weil die zwei Mannschaften Erfurt (8:19 P.) und Brandenburg (9:17 P.), die vor Aue platziert waren, noch einigermaßen in Reichweite waren.

Auch für die Wismut-Fans die eigentlich immer noch trotz der prekären Lage - alleine 9x stand man in der Hinrunde auf den 13. (Abstiegs)-Platz – ins Lößnitztal pilgerten war es natürlich auch keine schöne Situation. Der Heimschnitt – 11.483 – lag zu diesen Zeitpunkt noch über (!) den Gesamtschnitt der DDR-Oberliga. Dieser betrug nach den 91-Hinrundenspielen nur 9.263 pro

Aue vs. Jena 0-0 am 11. Spieltag der DDR-Oberliga. Es war der erste Spieltag nach dem Fall der Mauer. Im Auer Stadion gab es mit 6.800 Zuschauern zahlenmäßig die größte Kulisse an diesen Tag. Viele suchten sich lieber Ziele in den westdeutschen Stadien an diesen Wochenende. Von l.n.r. - Roland Balck, Jens-Uwe Penzel (Jena), Uwe Bauer, Silvio Hoffmann (Jena) und Perry Bräutigam (Jena). Foto: Kruczynski

Oberligaspiel. Durch die Abgänge vieler Leistungsträger, von dem vor allem die bisherigen Top-Mannschaften betroffen waren, setzte im DDR-Fußball ein Wandel der Kräfteverhältnisse ein. Darüber hinaus führte die damit verbundene Abnahme des Leistungsniveaus in der Oberliga zu einem deutlichen Rückgang der Besucherzahlen bei den Spielen. Deutlich wurde das am 11. Spieltag. An diesen 18. November 1989 gab es den ersten Spieltag nach dem Mauerfall (9.11.1989) und schlagartig war die auf den Rängen die Luft raus. Fans und Spielern stand der Kopf anderswo. An diesen Spieltag gab es in keinem der sieben Stadien eine fünfstellige Kulisse. Die 6.800 im Auer Otto-Grotewohl-Stadion beim Spiel gegen Carl-Zeiss Jena (0-0) waren sogar Tagesrekord. Dagegen bildeten die 3.700 Zuschauer die Erfurts 1-0 gegen den FC Karl-Marx-Stadt sahen, den Minusrekord. Sicherlich mußten die Mannschaften der Zuschauerhochburgen Dresden, Rostock und Cottbus reisen, aber daß die Straßen und Züge seit dem Wochenende zuvor proppedickevoll waren, schlug sich natürlich auch auch auf die Besucherzahlen bei König Fußball negativ nieder.
Am 10. Spieltag – ein Tag vor Maueröffnung – strömten an einem Mittwoch-Abend mit 74.700 Zuschauern noch über das doppelte in den sieben Stadien. Ein Spiel fand vier Tage eher statt. Es sollte auch in den zwei restlichen Oberliga-Runden bis zur Halbserie-Pause nicht besser werden. Denn diese 36.400 Zuschauer wurden noch zweimal unterboten. 35.300 kamen am 12. Spieltag und 34.800 am 13. Spieltag. Magnet Fußball ohne Anziehungskraft hatte in der DDR seinen Zauber verloren.

Als die Mauer fiel nutzten Zigtausende die Gelegenheit zu einer Stippvisite im Westen. Wegen der Länderspielpause ruhten in der DDR-Oberliga und der 1. Bundesliga am Wochenende 11./12. November der Spielverkehr. Aber in der 2. Bundesliga, 7 Spiele wurden am Samstag den 11. November 1989 um 15 Uhr angepfiffen, rollte das Leder. Im Berliner Olympiastadion empfing der Tabellenvierte Hertha BSC den Tabellendritten Wattenscheid 09. Offiziell gezählt wurden 44.174 Zuschauer, doch laut Augenzeugen waren mindestens 60.000 Menschen dabei, eher noch mehr. Zum Vergleich: Beim letzten Hertha Heimspiel vor der Grenzöffnung (gegen Alemannia Aachen 3-1) hatten sich nur 15.200 Fans ins Olympiastadion verirrt. Aber am 11. November, als sich Hertha mit vor Schreck ganz weichen Knien zu einem 1-1 gegen Wattenscheid quälte, wollten alle dabei sein: Ostberliner, Westberliner, Brandenburger, Union-Fans, Aue-Fans. Etwa geschätzte 11.000 DDR-Bürger die freien Einlass haben, verfolgten dieses Zweitligaspiel. Hertha BSC und Wattenscheid steigen am Ende auch in die 1. Bundesliga auf. Und das Wochenende (17./18. November) darauf rollte auch in der 1. Bundesliga wieder der Ball. St. Pauli-Düsseldorf 1-0 und Nürnberg-Kaiserlautern 0-0 am Freitag, am Samstag u.a. 1. FC Köln-Eintracht Frankfurt 3-5, Dortmund-Bayern 2-2 oder Mönchengladbach-Bayer Uerdingen 0-1 waren nur einige Stadien die viele Fans aus den Osten zu einer Stippvisite nutzten. (Burg)





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Geschrieben von Burg am 07.01.2020, 21:58   (1275x gelesen)